CAPinside-Trend Debatte: Lässt sich die Rente retten? Das sagt die Community

Ist die Rente noch zu retten

Verfall der gesetzlichen Rente, sinkende Renditen bei Vorsorgeprodukten, Niedrigzins und teure Garantien: Das klassische Drei-Säulen-Modell führt bei der Alterssicherung zur Zerreißprobe. In unserer CAPinside-Trend Debatte wollten wir im Juli von Ihnen wissen, wie die Altersvorsorge doch noch gelingen kann. Und das ist Ihre Meinung!

Eigentlich ließe sich die Rentendebatte Monat für Monat aufs Neue führen, Anlässe gab es in den letzten Jahren mehr als genug. Da wäre zu einem die seit rund zehn Jahren anhaltende Niedrigzinsphase, die das bei den Deutschen so beliebte Sparbuch noch unrentabler werden lässt. Doch auch bei den Garantieprodukten wie Riester oder Rürup sank der Höchstrechnungszins – der sogenannte „Garantiezins“ ­– sukzessive ab und kappte die einstigen Fantasien für die Bank- und Versicherungsprodukte.

Vorbei sind die Zeiten, in denen der damalige Verkaufschampion Kapitallebensversicherung noch mit stolzen 4,4 Prozent Verzinsung überzeugte und die Sparer hierzulande beinahe sorgenlos in Rente gehen konnten. Heute, gut 15 Jahre später und ein paar Prozentpunkte gesetzliches Rentenniveau weniger, stehen die staatliche geförderten  Altersvorsorgeprodukte stärker unter Druck denn je: zuletzt gab es eine regelrechte Welle von Versicherern, die den Neuvertrieb ihrer Riester-Verträge auf Eis legten. „Die dauerhaft niedrigen Zinsen und die starken gesetzlichen Restriktionen wirken massiv auf die Kapitalanlagemöglichkeiten von Riester-Renten ein. Insbesondere durch den geforderten Beitragserhalt ist kein Freiheitsgrad zur Generierung von positiven Kapitalerträgen vorhanden“, lautete die unmissverständliche Begründung von Debeka-Vorstandsmitglied Dr. Normann Pankratz. Auch Pensionskassen stehen vor der Herausforderung lohnende und zugleich „sichere“ Anlagemöglichkeiten für ihre Gelder zu finden. Zeit, um die CAPinside-Community zu fragen, ob sich die Rente noch retten lässt!

Kann das alte System weg?

Allerdings hat diese Frage nach einem zukunftsfähigen Rentensystem die CAPinside-Community polarisiert. Schaut man sich die Ergebnisse der knapp 130 Nutzer an, die sich an der Juli-Debatte beteiligt haben, wird deutlich: Nur eine kleine Minderheit wünscht sich eine Verbesserung des bestehenden Systems. Lediglich sieben Prozent stimmten für die Förderung von kapitalgedeckten Produkten. „Bei Garantieprodukten wie Riester oder der betrieblichen Altersvorsorge haben Kunden keine oder nur sehr begrenzte Kapitalanlagemöglichkeiten. Das Geld landet im Deckungsstock der Versicherer. Von klassischer Kapitalanlage kann daher keine Rede sein. Eine Rendite ist in den wenigsten Fällen erzielbar“, kommentierte Versicherungsmakler Robert Seifert in seinem Debattenbeitrag die mangelnde Attraktivität aus Kundensicht.

Zudem forderte knapp jeder Fünfte die Altersvorsorge „ganz neu zu denken“. Dazu zählte etwa CAPinside-Mitglied Hauke Petersen: „Man könnte auch einfach überlegen, die Garantien komplett abzuschaffen. Der GDV wird diesen Gedanken jedoch nicht aussprechen. Asset Manager sollten diesen Gedanken jedoch klar und mutig vorantreiben. Stattdessen (Wieder-) Einführungen des Altersvorsorge-Sondervermögen von Dr. Manfred Laux beziehungsweise von 401-k-Plänen nach amerikanischem Muster, plus steuerliche Förderung und natürlich die Aktienrente.“

Über die in den USA etablierten 401k-Pläne können Arbeitnehmer unkompliziert Teile ihres Gehalts in Investmentfonds anlegen. Die amerikanische Version der betrieblichen Altersvorsorge ist stark verbreitetet, was auch an der Art des Vertragsabschlusses liegen dürfte, denn: Arbeitnehmer müssen ihre Teilnahme am 401k-Plan aktiv untersagen, ansonsten wird das Geld angelegt. Eine Option für Deutschland? Stefan Hölscher, Geschäftsführer bei der Fondsberatung Stubenrauch + Hölscher, meint ja und schlägt in seinem Beitrag ein gesondertes

„Altersvorsorgedepot“ vor, in dem Investmentfonds gekauft und dann im Rentenalter per Einmalrente oder Entnahmeplan ausbezahlt werden können: „Solche Depots könnte man sowohl verpflichtend als auch als Opting-out-Modelle laufen lassen, da mag es Pros und Contras geben. Wichtig bei einer Verpflichtung wäre jedoch, die Wahlmöglichkeit zwischen einem staatlichen und auch einem privaten Produkt.“

CAPinside Trend-Debatte: Lässt sich die Rente retten?

Sparer müssen zu Anlegern werden

Ob (deutsche) Sparer wirklich zu ihrem Glück gezwungen werden müssen, sollte ernsthaft diskutiert werden. Doch vielleicht braucht es diese staatliche Bevormundung gar nicht, denn sowohl die Sparquote der privaten Haushalte in Deutschland als auch die Aktienquote stiegen in 2020 sprunghaft an. Es scheint, als ob die braven Sparer von einst zu Anlegern evolvieren. Im Ländervergleich ein längst überfälliger Aufholeffekt. Damit das kein zufälliger Ausreißer bleibt, sprach sich Jürgen Dries, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Finanzplaner e.V. (BFP), in seinem Interview für eine stärkere und früher beginnende Finanzbildung der Bevölkerung aus. „Hier könnte ich mir vorstellen, dass in den Schulen Fächer angeboten werden, die die Schüler hinsichtlich Geldkreislauf, Inflation, Geld als Zahlungsmittel sowie der Entstehung und Erwirtschaftung von Zinsen vorbereiten – hinterlegt mit vielen praktischen Beispielen, damit die Schüler auch den Bezug zur realen Welt erleben können.“

Laut Finanzplaner Dries sei bei klassischen Produkten nicht mehr viel zu erwarten, daher müssen Sparer sich für andere Assetklassen – wie etwa Fonds – öffnen. Ein Vorschlag, der beim Fondsverband BVI auf Unterstützung trifft. „Investmentfonds sind für die kapitalgedeckte Altersvorsorge prädestiniert. Dies liegt vor allem an der gesetzlich vorgeschriebenen Risikostreuung, am Insolvenzschutz und an der Möglichkeit für Sparer, schon mit geringen Beträgen von der Entwicklung der Kapitalmärkte zu profitieren. Schätzungsweise haben bereits 20 Millionen Bürger direkt in Fonds angelegt“, kommentiert Holger Sedlmaier, Leiter Steuern und Altersvorsorge beim BVI.

Garantien abschaffen, Risiken tragen, Chancen nutzen

Hoffnung für die Rente sehen die Befragten an den Kapitalmärkten. Einen Staatsfonds wie etwa in Norwegen oder Saudi-Arabien befürworten 22 Prozent von ihnen. Noch sinnvoller, rund ein Drittel stimmte hier zu, erscheint die Vorsorge in Form einer Aktienrente. In einem solchen Modell werden Teile der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung an den Kapitalmärkten investiert. Politische Vorstöße in diese Richtung wurden zuletzt von mehreren Parteien lauter. Diese orientieren sich am schwedischen System, bei dem 2,5 Prozent des Bruttoeinkommens in Vorsorgefonds wie etwa dem staatlichen AP7 gehen und mit jährlichen Gebühren von 0,11 Prozent extrem niedrige Kosten aufweisen. Eine Garantie für Wertzuwachs besteht hier nicht, was angesichts einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von rund 14 Prozent innerhalb der vergangenen zehn Jahre verkraftbar wäre. Risikolose Gewinne gibt es nicht. „Garantien müssen neu überdacht und definiert werden“ bringt es Jürgen Dries vom BFP auf den Punkt.

Der Spagat zwischen Beitragsgarantie und Niedrigzins führt bei Produktanbietern wie auch Verbrauchern zum Umdenken. So fordert der BVI eine Lockerung der Daumenschrauben des Gesetzgebers: „Flexible Garantien müssen Bestandteil der geförderten privaten Altersvorsorge sein. Zudem enthalten zukunftsfeste Rahmenbedingungen zum Beispiel ein vereinfachtes Zulagenverfahren und eine Förderung für alle Erwerbstätigen“, so Sedlmaier.

Fazit der Debatte: Garantie-Produkte gehören aus Sicht der CAPinside-Community der Vergangenheit an. Sparer müssen sich vielmehr zu Kapitalanlegern entwickeln. Neue Bildungsprogramme für (junge) Verbraucher sollten diesen Prozess möglichst früh unterstützen und über bestehende Risiken aufklären, ohne zu dramatisieren. Oder wie es Versicherungsmakler Robert Seifert formuliert: „Aus Sicht der Kapitalanlage gehören Krisen dazu. Und für den Anlagehorizont einer Altersvorsorge allemal. It’s time, not timing!“

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Kategorien: Allgemein
6. August 2021